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Während des Sommers 1940 hatte Picasso in Royan zahlreiche Skizzen von Schädeln in seine Hefte gezeichnet. Der Tod geistert mit Totenschädeln und Hinterlassenschaften durch sein Kriegswerk. Vielleicht fürchtet er 1945, die Vorhersage von Max Jacob (»Lebenslinie bis achtundsechzig Jahre/Schwäche und schwere Krankheit am Ende seines Lebens«[i]) könnte wahr werden. Im Frühjahr, am 14., 16. und 18. März, stellt Picasso recht prosaisch in einer Folge von acht Gemälden (Z. XIV. 88, 93–96) einen Totenschädel neben einen Bund Lauchstangen: Einmal mehr stehen tiefer Ernst und Alltag, Tod und Leben sich gegenüber. Dass in diesem Küchenambiente wie selbstverständlich ein stilisierter, schwarzer Schädel auftaucht, ist irritierend. Leo Steinberg bezeichnet diesen Totenschädel als den unzerstörbarsten, den Picasso jemals gemalt habe.[ii] Der Lauch steht ebenso wie der Tisch, der keine besseren Speisen zu bieten hat, für die Zeiten der Einschränkung und Lebensmittelrationierung.
Doch die symbolische Bedeutung der Lauchstangen bleibt rätselhaft. Françoise Gilot erinnert sich: »Damals hatte Pablo mehrere Monate hindurch an einer Folge von Stilleben gemalt. Das Thema dieser Bilder waren ein Schädel und ein paar Lauchstangen auf einem Tisch. Vom formalen Gesichtspunkt aus ersetzte der Lauch die gekreuzten Knochen, die traditionsgemäß zu einem Schädel gehören. Die zwiebelartigen Enden entsprachen den Knochengelenken«[iii]. Picasso selbst behauptet ganz einfach: »Ich habe in dieses Stillleben einen Bund Lauch gesetzt, na gut! Ich wollte eben, dass mein Gemälde nach Lauch riecht.«[iv] Die nüchterne Inszenierung dieser einfachen Gemüsesorten wie Radieschen oder Tomaten erinnert daran, dass sie zahlreichen Französinnen und Franzosen in der Zeit des Mangels und der Knappheit das Überleben sicherten.
Quelle:
Bernard, Sophie: »Kat. 125 Stillleben mit Schädel, Lauch und Krug vor einem Fenster«, in: Pablo Picasso. Kriegsjahre 1939–1945, hrsg. von Susanne Gaensheimer und Kathrin Beßen, Ausst-Kat., Düsseldorf, 2020, S. 309.
[i] »The Skulls of Picasso«, in: Other Criteria: Confrontations with Twentieth Century Art, Oxford 1972, S. 74.
[ii] Leo Steinberg, »The Skulls of Picasso«, in: Art News, Oktober 1971.
[iii] Gilot/Lake 1965, S. 146.
[iv] Picasso, zit. nach: André Warnod, »Enpeinture, tout n’est que signe, nous dit Picasso«, 29. Juni 1945, in: Marie-Laure Bernadac (Hrsg.), Picasso: propos sur l’art, Paris 1998, S. 53.